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Geschiebekunde aktuell 30 (4): 02-04, 1 Abb., Hamburg/Greifswald November 2014

ISSN 0178-1731

 Ein Warvitit aus einer Kiesgrube im Kreis Lippe, Nordrhein-Westfalen
A Warvitite from a Gravel Pit in Lippe, North Rhine-Westphalia

Tobias Langmann 

Abstract. This paper deals with the finding of a Warvitite in a gravel pit near Müssen, Lippe District, North Rhine-Westphalia. The Geschiebe presented here is a fossil warve clay with granitic dropstones and an eye-catching and rather consistent foliation. A possible determination as a Hälleflint or an Ignimbrite does not come into consideration as this rocktype’s fabric and foliation conspicuously differs from the find’s ones. A dip into the Kaerlein bibliography reveals that this Geschiebe obviously is the first find of such a rock as a Geschiebe of nordic origin.
key
words: TK25 Bl. 4018 Lage, Tillite, Warvitite, Dropstone, Neoproterozoic Glaciation 

Zusammenfassung. Im Folgenden wird der Geschiebefund eines Warvitites aus einer Kiesgrube in Müssen, Kreis Lippe, Nordrhein-Westfalen vorgestellt. Bei dem Geschiebe handelt es sich um einen stark verfestigten Warventon mit Dropstones. Der Blick in die Kaerlein-Bibliographie zeigt, dass dies der erste beschriebene Fund eines solchen Gesteines im nordischen Geschiebe ist. Eine Bestimmung als Metavulkanit (Hälleflint) oder als Ignimbrit kann aufgrund der Gesteinseigenschaften ausgeschlossen werden.

S c h l ü s s e l w ö r t e r: TK Bl. 4018 Lage, Tillit, Warvitit, Dropstone, neoproterozoische Vereisung

 Einleitung 

Aus Norwegen und Schweden sind Spuren von Vereisungen bekannt, die sich in der erdgeschichtlichen Frühzeit des Präkambriums (Neoproterozoikum) ereignet haben.
Neben geschrammten Felsoberflächen gehören hierzu Grundmoränen, die in Ableitung des Wortes „Till“ wegen ihres stark verfestigten Zustandes als Tillite bezeichnet werden. Bruchstücke der fossilen Tillite können als pleistozäne Geschiebe auftreten. In das glaziäre Umfeld von Tills gehören auch Warvite, also gebänderte feinkörnige Ablagerungen am Grund von Eisstauseen.
Häufig sind in Warviten sogenannte „Dropstones“ enthalten, die aus der Grundmoräne von Gletschern entstammen. In einer aus Gletschern hervorgegangenen Eisscholle eingeschlossen treiben sie auf einen großen Eisstausee oder das Meer hinaus. Wenn die Eisscholle abtaut, gibt sie ihre Fracht frei, der Dropstone sinkt hinunter und fällt unter Bildung einer Einschlagdelle in das feinkörnige Sediment am Gewässergrund. Dort wird er nach und nach von nachfolgendem Sedimentmaterial überdeckt.
Warvite, verfestigt als Warvitite
1 bezeichnet, scheinen seltener zu sein als Tillite. Zwar sind aus Skandinavien einige Vorkommen von proterozoischen Tilliten und Warvititen bekannt, doch liefert die geschiebekundliche Literatur bisher keine Hinweise auf Funde von Warvititen im Geschiebe.

1 - In Fennoskandia sind alle präquartären Warvite in Festgestein umgewandelt (Warvitit) und zusätzlich mehr oder weniger metamorph überprägt (Metawarvitit) im Zusammenhang mit dem hohen Alter des Grundgebirges.

Warvitit aus Müssen 

Im Dezember 2011 fand der Verfasser das im Folgenden beschriebene Geschiebe in einer Kiesgrube der Fa. Ahle bei Müssen (Ortsteil von Lage) im Kreis Lippe, ca. 20 km südwestlich von Bielefeld (etwa N 51°57.166‘, E 008°46.469‘).
Der Stein wurde auf einem Haufen von Geschieben unterschiedlicher Größenklassen in einem stillgelegten Bereich des Kiesgrubengeländes gefunden. Durch Nachfrage bei einem Angestellten der Kiesgrube wurde bestätigt, dass das Material aus der Kiesgrube stammt. 

Geschiebekundlicher Kenntnisstand des Fundgebietes
Das Fundgebiet liegt am Fuße des Teutoburger Waldes wenige Kilometer nordwestlich der Grenze des saalezeitlichen Vereisungsgebietes und wurde nach
Skupin et al. (2003) wahrscheinlich nur einmal während des ersten hauptdrenthezeitlichen Eisvorstoßes des Saale-Komplexes vom Inlandeis überfahren.

Die Müssener Kiesgrube liegt in einem Bereich, in dem sich mit dem Aue-Hunte-Gletscher und dem Porta-Gletscher zwei Teileisströme des hauptdrenthezeitlichen Eisvorstoßes im Bereich zwischen Teutoburger Wald, Wiehengebirge und Lipper Bergland mischten (Seraphim 1972). Die beiden Eisströme unterscheiden sich kaum im Hinblick auf das Inventar nordischer Leitgeschiebe. Zählungen kristalliner Leitgeschiebe von Zandstra (in Skupin et al., 2003) und Lädige (1935) in den Ablagerungen des Porta-Gletschers des Aue-Hunte-Gletschers zeigen allesamt hohe Anteile småländischer Geschiebe von etwa 70 % (Dalarna <15 %, Ostfennoskandien <10 %). Leitgeschiebe aus dem Oslogebiet konnten nur bei Herford gefunden werden. Diese machten in der dortigen Zählung nur 2 % aller berücksichtigten Leitgeschiebe aus (Lädige 1935).
Allerdings weisen
Skupin et al. (1993) darauf hin, dass in Westfalen und somit auch im Fundgebiet Geschiebe aus allen zehn Herkunftsgebieten Skandinaviens (vgl. Zandstra 1983) gefunden werden können.

Beschreibung des Gesteins
Das etwa 12×10×5 cm große Fundstück fiel durch seine auffällige Streifung ins Auge. Man erkennt eine rhythmische Abfolge dunkler und heller Bänder, die im oberen Teil des Geschiebes sehr regelmäßig und durchhaltend ist, in der Mitte des Geschiebes aber gestört ist (s. Deckblatt). Darüber hinaus sind zwei markant-rundliche granitische Xenolithe von drei und vier Zentimeter Größe enthalten (Abb. 1). Diese unterbrechen die Bänderung nicht, sondern haben sie lediglich derart nach unten verbogen, dass sich die Bänder um die Xenolithe legen.
Varvitite, petrified clay with dropstones
 Die Körnung der Schichten ist sehr fein, es sind mit der Lupe keine Einzelkörner oder Kristalle erkennbar. Ausnahme sind zahlreiche kleine, rundliche Einschlüsse aus kristallinem Material im Größenbereich von wenigen Millimetern. Diese Partikel stimmen petrographisch mit den großen Xenolithen überein. Der Klastenbestand ist insgesamt als monomikt anzusehen.
R. Vinx (pers. Mitteilung, 10.03.2013) weist nach Betrachtung des Fundstückes darauf hin, dass Gestein bei geringfügiger interner Deformation schwach metamorph überprägt ist, wobei die Metamorphose wohl nicht über die Grünschieferfazies hinausgegangen ist.
Auffällig ist der hohe Verfestigungsgrad des vorliegenden Stückes, durch den das Gestein einen massigen Eindruck macht. Eine bevorzugte Richtung der Teilbarkeit liegt nicht vor, auch wenn eine Tendenz hin zu einer schichtparallelen Teilbarkeit erkennbar ist.

 Diskussion 

Gesteinstyp
Die Lagenbildung des Gesteines und die Art der Einbettung der Xenolithe weisen auf einen sedimentären Ursprung des Gesteins hin. Insbesondere das Umschließen der Xenolithe lässt darauf schließen, dass diese in weiche, plastische Sedimentlagen eingeschlagen sind.
Grundsätzlich kann bei dem hier beschriebenen Fundstück aber auch eine Bestimmung als Hälleflinta, Aschetuff oder Ignimbrit in Erwägung gezogen werden.
Die Hälleflinte sind nach
Vinx (2011) einsprenglingsführende graue oder rötliche metamorph geprägte Vulkanite oder Pyroklastite mit saurer, meist rhyolithischer Zusammensetzung. Manche Hälleflinte zeigen eine „Foliation, die sich makroskopisch durch Streifigkeit der Farbeverteilung, Einregelung von Einsprenglingen und auch durch eine Hauptrichtung der Teilbarkeit zeigen kann.“ (Vinx 2011: 387). Die Bänderung des Fundstückes mag an die Foliation der Hälleflinten erinnern. Allerdings weist Smed (1994:91) darauf hin, dass die Streifung bei Hälleflinten nicht den ganzen Stein durchläuft, was aber bei dem Fundstück der Fall ist. Die Streifung des Fundstückes ist für Hälleflinta untypisch gleichmäßig und vor allem im ungestörten Teil (s. Abb. 1) oberhalb der Dropstones auffällig unturbidiert.

Zusätzlich zeichnen sich Hälleflinte ebenso wie Ignimbrite durch einen splittrigen Bruch aus, der mit Bildung scharfkantiger und messerscharfer Bruchstücke einhergeht (
Vinx 2011). Dieses Bruchverhalten ist bei dem vorliegenden Geschiebe ebenfalls nicht gegeben. Die Xenolithe lassen sich auch deshalb nicht als Einsprenglinge in einem Hälleflint deuten, weil sie gänzlich undeformiert sind. In Hälleflinten hingegen sind alle Bestandteile metamorph überprägt. Dazu kommt, dass Hälleflinte mit solch großen Xenolithen aus dem Anstehenden nicht bekannt sind. Auch für einen Aschentuff ist die Streifung zu regelmäßig-rhythmisch und zu kleinmaßstäblich. Sie würde in dieser Ausprägung ein „unrealistisch rhythmischen Fördermechanismus“ erfordern (R. Vinx, pers. Mitteilung, 10.03.2013). Darüber hinaus fehlen die für Aschetuffe typischen vulkanogenen Klasten und Zwischenkörnungen in der Matrix.

Eine Bestimmung als Ignimbrit mit eutaxitischem Gefüge kann insbesondere durch das Bruchverhalten und die Art der Bänderung des Fundstückes ausgeschlossen werden. Die Paralleltextur von Ignimbriten als Ergebnis der Anwesenheit von Fiammen ist nicht so gleichmäßig wie die Bänderung des vorliegenden Fundstückes. In den meisten Fällen durchläuft die Streifung von Ignimbriten nicht den ganzen Stein (
Smed 1994).

Die durchhaltende Bänderung aus abwechselnd hellen und dunklen Schichten ist typisch für Warvite und Warvitite. Diese zeigen eine rhythmische Wechsellagerung von hellen feinsand-siltigen und dunklen tonigen Lagen. Eine helle und eine dunkle Schicht repräsentieren zusammengenommen jeweils ein Jahr (
Martin 2002). Diese Bänderung wird als das Resultat der jahreszeitlich bedingten Schwankungen der Sedimentationsbedingungen interpretiert. So werden Sommerlagen und Winterlagen gebildet, deren verschiedene Färbung auf unterschiedliche Gehalte an organischem Material zurückzuführen ist. Während die hellen Sommerlagen aufgrund der höheren Sedimentationsrate während der Schnee- und Eisschmelze überwiegend aus anorganischem Material bestehen, sind die Winterlagen wegen höherer Anteile organischen Materials dunkel gefärbt (vgl. Ehlers 2010:123).
Alle diese Eigenschaften zusammengenommen führen zur Bestimmung des Fundstückes als diagenetisch verfestigter Warvit mit Dropstones. 

Herkunft des Geschiebes
Bei einem seltenen Fund wie dem hier beschriebenen stellt sich die Frage nach der Herkunft des Geschiebes. Aus Skandinavien sind zahlreiche Vorkommen von neoproterozoischen Tilliten und Warvititen bekannt, wovon einige als potentielle Liefergebiete in Frage kommen.  
      1. Norwegen
Aus Norwegen sind Vorkommen von neoproterozoischen Tilliten aus der Finnmark im nördlichsten Norwegen und aus der südnorwegischen Sparagmitregion bekannt.
Im Gebiet zwischen Varangerfjord und Laksefjord kommen mit der Smalfjord-Formation und der Mortesnes-Formation (Abb. 2, Lok. 1) zwei glazigene Formationen vor, die zwei getrennten Vereisungsereignissen zuzuordnen sind (
Edwards & Føyn, 1981). In diesem Zusammenhang ist auch der bekannte und bereits von Reusch (1891) entdeckte Bigganjarga-Tillit am Ufer des Varangerfjords bei Karlebotn zu nennen, welcher der Smalfjord-Formation zugerechnet wird. Bei der Mortesnes-Formation handelt es sich um einen strukturlosen Tillit mit Lagen aus laminiertem Tonstein mit Dropstones. Die Smalfjord-Formation besteht aus unterschiedlich ausgeprägten Tilliten mit Lagen aus dropstoneführenden, geschichteten Tonsteinen (vgl. Edwards & Føyn, 1981).
Darüber hinaus beschrieb
Holtedahl (1944) Tillite am Duksfjord südostlich des Nordkaps.

 

Abb. 2: Vorkommen von Ablagerungen proterozoischer Vereisungen in Skandinavien (verändert nach Kulling (1951) und Arnaud et al. (2011):

1= Smalfjord- und Mortesnes-Formation in Finnmarken, 2= Nordwestskandinavischen Kaledoniden, 3= Zentralschwedischen Kaledoniden (Långmarkberg-Formation), 4= Südschwedischen Kaledoniden (Lillfjället-Formation), 5= Südnorwegische Sparagmitregion (Moelv- und Koppang-Formation)



Aus Südnorwegen ist der bereits von
Holtedahl (1922) entdeckte Moelv-Tillit (Moelv-Formation) bekannt (Abb. 2, Lok. 5). Dieser kommt in der südnorwegischen Sparagmitregion auf einer Fläche von etwa 10.000 km² in stark variierender Mächtigkeit vor (Bjørlykke & Nystuen 1981; Nystuen & Lamminen 2011). Innerhalb der Moelv-Formation lassen sich zwei Fazies unterscheiden: Ein massiger Tillit, der als Grundmoräne abgelagert wurde, und im oberen Bereich ein laminierter Tonstein mit eingestreuten Klasten als „glaziomarine Sedimente aus treibenden Eisbergen“ (Bjørlykke und Nystuen 1981). Die Moelv-Formation hat mit Tilliten im Engerdalen-Becken (Koppang-Formation) im Norden der Sparagmit-Region ein Äquivalent (Nystuen & Lamminen 2011).

 2. Schweden
Aus Schweden sind zahlreiche Vorkommen von neoproterozoischen Tilliten und Warvenschiefern in den Kaledoniden bzw. entlang der Kaledonischen Front bekannt.
Im Bereich der nordwestskandinavischen Kaledoniden (Abb. 2, Lok. 2) beschrieb Kulling (1951) unter dem Begriff „Sito-Tillit“ ein Tillitvorkommen in Norbotten im Gebiet um den See Sitojaure. Seit Kullings Untersuchungen sind zahlreiche weitere Vorkommen von teils glazigenen Diamiktiten in zahlreichen isolierten Aufschlüssen in einem etwa 500 km langen Bogens zwischen Porsangerfjord im Nordosten dem See Sitojaure im Südwesten bekannt geworden. Der glazigene Charakter ist dabei allerdings nicht immer klar (Stodt et. al 2011). Diese Vorkommen sind mit gebänderten, warvenartigen Siltsteinen („varve banded siltstone)“ verknüpft (Kulling 1948, Kulling 1938, Stodt et al. 2011).
Weiter südlich finden wir in den zentralschwedischen Kaledoniden auf einer 160 km langen Linie nördlich von Östersund bei einer maximalen Breite von 20 km die Långmarkberg-Formation (Abb. 2, Lok. 3) (Thelander 1981).                
Sie zeichnet sich durch das großräumige Vorkommen von tillitartigen Schichten mit gekritzten Geschieben und ebenmäßig laminierten Siltsteinen mit eingestreuten Xenolithen (Klasten, Dropstones) aus (Thelander 1981).
Magnusson et al. (1963:185) bilden ein Handstück eines „Warvenschiefers“ vom Långmarkberg im nördlichen Jämtland ab. Dieses Stück kommt dem hier beschriebenen Fund in petrographischer Hinsicht sehr nahe. Darüber hinaus kommen in Jämtland, im westlichen Mittelschweden, glazigene Diamiktite mit assoziierten, teils sandige und laminierten Tonsteinen mit Dropstones.
Diese von Kumpulainen (1980, 1981) als „Lillfjället-Formation“ bezeichnete glazigene Formation aus dem Neoproterozoikum wurde in Jämtland in einem engen Gürtel bei einer N-S-Ausdehnung von etwa 70 km und einer Breite von wenigen Kilometern in einigen isolierten Aufschlüssen nachgewiesen (Kumpulainen & Nystuen 1985, s. Abb. 1, Lok. 4).

Alle diese hier beschriebenen Vereisungsspuren fügen sich in eine Reihe weiträumiger Vereisungen, die sich im Neoproterozoikum ereigneten und zur Entwicklung der bekannten „Snowball Earth“-Theorie führten.
Als weiterführende Literatur über diese Vereisungen und ihre Ablagerungen in Skandinavien und weltweit sei Arnaud et al. (2011) empfohlen.

Doch welche dieser Vorkommen kommen als Liefergebiet für den hier beschriebenen Warvitit in Frage?

Aufgrund der Zusammensetzung des Geschiebes im Fundgebiet erscheint eine Herkunft des Fundstückes aus einem der zahlreichen Vorkommen am Ostrand der schwedischen Kaledoniden wahrscheinlich. Dabei kommen neben den oben beschrieben südlicheren Vorkommen auch die weiter nördlich gelegenen Vorkommen bis hin zu den Tilliten der Långmarkberg-Formation als Herkunftsgebiet in Frage, zumal im norddeutschen Geschiebe schon Geschiebe aus diesem Gebiet gefunden wurden. So bildet
Bräunlich auf www.kristallin.de ein von H. Nipperus gefundenes Geschiebe des Sorsele-Granites aus Damsdorf ab. Eine Herkunft aus den südnorwegischen Vorkommen ist aus demselben Grund sehr unwahrscheinlich, wenn auch nicht ausgeschlossen. Zwar ist die Nordgrenze des Geschiebeeinzugsgebietes unbekannt, doch kann eine Herkunft aus den Vorkommen in der norwegischen Finnmark und den nördlichen skandinavischen Kaledoniden als sehr unwahrscheinlich angesehen werden. Aufgrund des hohen Verfestigungsgrades des Fundstückes ist anzunehmen, dass das Alter des Gesteins im Bereich von vielen 100 Millionen Jahren liegt und das Geschiebe somit ein seltenes Zeugnis einer Eiszeit der Erdfrühzeit ist. Genaueres kann hierbei allerdings nur durch eine Datierung festgestellt werden. 

Ergebnis
Die Abwägung verschiedener Argumente ergibt, dass das Geschiebe von Müssen als schwach metamorph überprägter Warvit gedeutet werden muss. Seine Herkunft kann nicht genau festgelegt werden, wenn gleich die proterozoischen Tillit-Vorkommen mit begleitenden Warvititen entlang des mittel- und nordschwedischen Kaledoniden als wahrscheinlichstes Liefergebiet angesehen werden können. Auskunft über Alter und eine Zuordnung zu den verschiedenen Grundgebirgseinheiten ist nur nach einer Altersbestimmung durch eine radiometrische Datiererung möglich. Andere Untersuchungsmethoden sind sind nach heutigem Kenntnisstand nicht erkenntnisversprechend.  

Dank: Prof. Dr. Roland Vinx, Elmshorn, danke ich für seine ausführliche Stellungnahme, Werner A. Bartholomäus, Hannover, für die Mitarbeit am Manuskript und Matthias Bräunlich, Hamburg, für die Unterstützung und die Bilder des Fundstückes.  

Schriften

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Bräunlich M, Sorsele-Granit aus Nordschweden, unter http://www.kristallin.de/Schweden/

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