Lellainen-Granit

Lellainen-Granit ist ein gleichkörniger Rapakiwi aus dem Laitila-Pluton in Südwestfinnland.
Die Erstbeschreibung findet sich in Fritz Mendes Aufsatz „Typengesteine kristalliner Diluvialgeschiebe aus Südfinnland und Åland“ von 1925:
Makroskopisch sichtbar sind: Hellfleischfarbene Orthoklaspartien bis 1 cm Durchmesser ohne jede kristallographische Begrenzung; stark fettglänzender, blauer, zuweilen milchiger Quarz, meist in Tropfenform (bis 6 mm Durchmesser); stumpfgrüner, immer sehr gut kristallographisch begrenzter Plagioklas mit
stumpfem Glanz (bis 8 mm Prismen); dunkle Gemengteile sind gleichmäßig im Gestein verteilt, ohne auffallend zu werden. [...]
(Text hier)



Auch die folgende Probe staammt aus dem Originalvorkommen:


Das Gestein besteht im Wesentlichen aus blassem Alkalifeldspat, mehr oder weniger intensiv blauem Quarz und grünlich oder bräunlich-rot gefärbtem Plagioklas. Dessen Färbung ist das Resultat von Alteration, also der Umwandlung durch überhitzte Flüssigkeiten („Fluide“). Grüner oder braunroter Plagioklas ist nicht auf die hier beschriebene Region beschränkt, sondern findet sich in diversen Graniten Skandinaviens.

Die Kombination von Blauquarz, grünlichem Plagioklas und hellem Alkalifeldspat gibt es an diversen Stellen im Laitila-Pluton, im benachbarten Vehmaa-Pluton und in weiteren Vorkommen, die zum Teil unter Wasser liegen.
Einige Lellainen-Granite enthalten milchweißen Quarz, so wie die Probe von Mannila.


Das Gebiet der Lellainen-Granite liegt im östlichen Teil des Laitila-Plutons in der Umgebung des Sees „Koskeljärvi“.


Lellainen-Granite kommen mit gleichkörnigem Gefüge nördlich, östlich und südlich vom Koskeljärvi vor. Dort ist der Lellainen-Granit von viel Pyterlit mit dem für Laitila typischen Gefüge umgeben. Die Färbung dieser Pyterlite ist identisch oder sehr ähnlich. Solche Pyterlite sind jedoch keine Lellainen-Granite, weil sie nicht gleichkörnig sind.

ist kein Lellainen-Granit

An dieser Stelle war meine erste Beschreibung hier fehlerhaft.(1) Die Annahme, das in der Nähe von Lellainen anstehende Grundgebirge sei der Lellainen-Granit, war falsch, was erst durch die spätere Lektüre der Erstbeschreibung deutlich wurde.


Lellainen-Granite als Geschiebe
Hin und wieder werden gleichkörnige Rapakiwigeschiebe mit grünem Plagioklas und Blauquarz gefunden.


Ein zweites Beispiel aus den Niederlanden:

(Ehemalige Sammlung de Jong)

Trotz ihres passenden Aussehens sind solche Geschiebe mit größter Wahrscheinlichkeit keine Lellainen-Granite.
Diese Behauptung beruht auf der Tatsache, dass in Norddeutschland nahezu keine Laitila-Pyterlite(2) gefunden werden, die aber im Herkunftsgebiet die absolute Mehrheit bilden. Wir müssten etwa 20 bis 30 Pyterlitgeschiebe auf einen Lellainen-Granit finden. Davon kann aber keine Rede sein, im Gegenteil. Laitila-Pyterlite sind als Geschiebe überaus selten und werden so gut wie nie gefunden, zumindest in Norddeutschland. Die hier gezeigten gleichkörnigen Rapakiwis sind zwar selten, aber immer noch viel häufiger als Laitila-Pyterlite. Das lässt nur den Schluss zu, dass es ein weiteres Vorkommen gibt.

Bei der Untersuchung aller Rapakiwivorkommen in Skandinavien habe ich keine solchen gleichkörnigen Rapakiwis mit Blauquarz und grünem Plagioklas gefunden. Daher muss die Quelle dieser Geschiebe unter Wasser liegen. Neben dem westlichen Teil des Åland-Plutons kommen Kökarsfjärden oder der Nordbaltische Pluton als Herkunftsgebiet in Frage. Eventuell gibt es außerdem noch ein weiteres Rapakiwimassiv, das in der Ostsee, südwestlich vom Nordbaltischen Pluton liegen soll.
Blauquarzpyterlite als Geschiebe
Den Begriff „Blauquarzpyterlit“ benutze ich als Oberbegriff für Pyterlite mit Blauquarz und vergrüntem Plagioklas. Solche Gefüge gibt es lokal gehäuft in der Umgebung der Lellainen-Granite, im Vehmaa-Pluton und mit großer Wahrscheinlichkeit noch in weiteren Vorkommen.
Geschiebefunde solcher Blauquarzpyterlite ähneln hin und wieder den Pyterliten aus dem Laitila-Vehmaa-Pluton. Aber auch hier passt die Fundhäufigkeit nicht zum Anstehenden - es gibt zu viele dieser Geschiebe und zu wenige typische Laitila-Pyterlite. Dazu kommen Unterschiede in der Grundmasse im Hinblick auf graphische Verwachsungen. Typische Pyterlite des Laitila-Vehmaa-Plutons sind grobkörnig und enthalten nahezu keine graphischen Verwachsungen. Das fogende Geschiebe enthält aber viele graphische Verwachsungen:

Das ist mit großer Wahrscheinlichkeit kein Pyterlit vom finnischen Festland.

(Bild mit Markierungen)
Eine Herkunft aus dem Laitila-Pluton ist nicht völlig ausgeschlossen, aber sehr unwahrscheinlich. Wenn dieser Pyterlit aus dem Laitila-Pluton kommt, dann wäre er dort eine seltene Variante. Kann das sein? Eher nicht. Und zwar deshalb nicht, weil dann am Fundort in Niederlehme auch die typischen Laitila-Pyterlite vorkommen müssten - und zwar erheblich häufiger. Aber genau das Gegenteil ist der Fall. Aus dieser Kiesgrube ist kein einziger cremefarbener Laitila-Pyterlit bekannt und damit sind wir an einem entscheidenden Punkt: Man kann ein Geschiebe nicht zu einer seltenen Unterart erklären, wenn gleichzeitig am Fundort der zugehörige Haupttyp fehlt. Dieser Fehler wird in der Geschiebekunde leider immer wieder gemacht: Ein Fund ähnelt einem seltenen Gestein und wird umgehend als solches bezeichnet. Dass dann aber auch all die anderen Gesteine des Originalvorkommens gefunden werden müssten – und zwar viel häufiger – wird ignoriert.
Manch Leser mag den wiederholten Hinweis auf Vorkommen unter Wasser befremdlich finden. Tatsache ist aber, dass der größte Teil der bei uns gefundenen Rapakiwigeschiebe aus solchen Unter-Wasser-Vorkommen stammt, denn die mit Abstand meisten Rapakiwigeschiebe kommen aus dem Ålandpluton, gefolgt von Kökar. Das Ålandmassiv liegt zu über der Hälfte unter Wasser, Kökar praktisch komplett, wenn man von ein paar winzigen Inseln absieht.

Erläuterungen
(1) So ist auch die bei Zandstra (1999) abgebildete Probe 45 kein Lellainen-Granit, sondern der benachbarte Pyterlit.
(zurück zur Textstelle)
(2) Typische Laitila-Pyterlite zeichnen sich durch hell beigefarbenen Alkalifeldspat, 2-4 cm große Ovoide und eine grobkörnige Grundmasse aus, die in der Regel keine graphischen Verwachsungen enthalten. (zurück zur Textstelle)
Literatur:
HESEMANN J 1975 Kristalline Geschiebe der nordischen Vereisungen - Geologisches Landesamt Nordrhein-Westfalen
ZANDSTRA JG: Platenatlas van noordelijke kristallijne gidsgesteenten. Leiden, 1999
Die Karten wurden neu gezeichnet auf der Basis der finnischen Grundgebirgskarte:
https://gtkdata.gtk.fi/Kalliopera/index.html
Matthias Bräunlich, Oktober 2023