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Rhombenführender Syenit
Zusammenfassung:
Wer sich mit Gesteinen in Norddeutschland beschäftigt, wird über kurz oder lang einen dieser rhombenführenden Syenite finden. Die Geschiebe sind an den Rhomben und der körnigen Grundmasse leicht zu erkennen. Oft stecken darin auch kleine Granate. Quarz fehlt oder macht nur einen kleinen Teil des Gesteins aus.


(Alle Grafiken lassen sich durch Anklicken / Antippen vergrößern)
Diese Syenite kommen in verschiedenen Varianten vor und ähneln ein wenig den norwegischen Rhombenporphyren. Aber diese Geschiebe stammen nicht aus Norwegen und es handelt sich auch nicht um Rhombenporphyre aus Gängen. Die Herkunft dieser Gesteine ist unbekannt. Südschweden erscheint als Herkunftsregion wahrscheinlich.
Die rhombenführenden Syenite wurden erstmals 2003 von Jelle de Jong auf einer Tagung vorgestellt (Text am Ende). Er bezog sich dabei auf Zandstra, der für diese Gesteine als Herkunftsgebiet den südschwedischen Vaggeryd-Syenit nennt, genauer gesagt, eine sogenannte „Randfazies“. Das geht aus einem Brief von Zandstra hervor, den Jelle de Jong zitierte. In diesem Brief verweist Zandstra auf den bei der SGU erschienenen Text „Vaggerydsyeniten“ von Percy Quensel (1960). Dieser Text, so Zandstra, belege die Herkunft der rhombenführenden Syenite.
Das trifft nicht zu. Quensel erwähnt in seiner Beschreibung kein einziges Mal rhombenförmige Feldspäte und seine Randfazies („gränsfacies“) bezieht sich allein auf den Barnarp-Granit und die „Järngneise“. Die Randfazies hat nichts mit Rhomben oder Feldspäten zu tun.
Die Herkunft der rhombenführenden Syenite aus der „Randfazies des Vaggeryd-Syenits“ ist eine Behauptung ohne jeden Beleg. Damit bleibt die Herkunft dieser Gesteine unbekannt.
Ausführliche Beschreibung:
Vergleicht man mehrere der rhombenführenden Syenite, zeichnen sich folgende Eigenschaften ab:
- Alle Geschiebe haben ein porphyrisches Gefüge mit hellen Rhomben.
- Die Rhomben sind meist um 1 cm groß und besitzen oft, aber nicht immer, einen dunklen Rand um einen helleren Kern.
- Ein Teil der Rhomben enthält dunkle Minerale, die makroskopisch nicht bestimmbar sind und die Rhomben fleckig aussehen lassen. Einzelne Rhomben sind feinkörnig und grünlichgrau.
- Die Grundmasse ist graubraun, braun oder selten auch rötlichbraun und immer körnig. Darin unterscheiden sich diese Gesteine von Rhombenporphyren. Mit dieser Grundmasse ist das Gestein ein Tiefengestein und ganz sicher kein schnell erstarrter Vulkanit.
- Die Grundmasse ist immer dunkler als die Rhomben und enthält fleckig verteilte, feinkörnige dunkle Minerale. Viele der Geschiebe enthalten außerdem winzig kleine Körnchen mit metallischem Glanz. Sie sind nur wenige Zehntel Millimeter groß und sie sind kein Magnetit.
- In vielen dieser Geschieben, aber nicht in allen, gibt es kleine rötliche Granate.
Beispiele zur Illustration, farblich geordnet
1. Geschiebe von Als (Dänemark)

Das erste Geschiebe hat das typische porphyrische Gefüge der rhombenführenden Syenite. Neben einigen Feldspäten mit unregelmäßigen Umrissen enthält es viele Rhomben. Einige davon besitzen einen dunklen Saum. Die Grundmasse ist grau-fleckig und enthält dunkle Minerale, kleine Granate und sehr kleine graue Minerale, die wie ein Erz aussehen.

(Bild ohne Beschriftung)

(Bild ohne Beschriftung)
2. Geschiebe von Seeland (Dänemark)

(Polierter Schnitt, Sammlung Brückner)
Das Geschiebe von Seeland (Dk) ist noch stärker porphyrisch und enthält viele Rhomben. Auch seine Grundmasse ist fleckig graubraun und enthält rötlich-braune Granate.
Die vielen winzig kleinen, metallisch glänzenden, grauen Einsprenglinge sind hier besonders gut zu erkennen (Bild 7 und 8). Diese kleinen Körner mit dem Glanz eines Erzminerals findet man in vielen dieser Geschiebe.


3. Geschiebe von der Flensburger Förde

Das Geschiebe von der Flensburger Förde ist auffällig hellbraun. Der Schnitt zeigt neben einigen großen Feldspäten sehr viele Rhomben, die kleiner als 1 cm sind. Etliche der Rhomben sind Zwillinge, was man an den mehrfachen Spitzen am Ende der Feldspäte erkennt.


Neben einfachen Zwillingen gibt es auch Verwachsungen aus vielen Rhomben. Der große Feldspat im Bild 11 besteht aus vielen einzelnen Rhomben, denn jede Spitze in seinem Umriss gehört zu einem Rhombus.

schwarzen Mineralen
Der Feldspat in der Mitte von Bild 12 hat rechts die doppelte Spitze eines Zwillings. Das Besondere aber ist sein dunkler Saum im linken Teil. Der Saum ist dort unterbrochen, und die schwarzen Minerale schließen sich direkt an den hellen Kern an. Weil der Saum hier die dunklen Minerale umschließt, muss der Rhombus noch weiter gewachsen sein, nachdem die schwarzen Minerale kristallisierten. (Klicken Sie das Bild an, um die Vergößerung zu sehen.)
Dieses Geschiebe enthält keinen Granat. Die rötlichen Flecken erstrecken sich über Korngrenzen und können Verfärbungen durch Hämatit sein.
4. Geschiebe von Als, (Dänemark)

(Geschnittene Probe aus der Sammlung Brückner)
Hier ist die rötlich-braune Farbe auffällig, denn die meisten rhombenführenden Syenite sind eher grau und dunkler. Granat kommt hier nur spärlich vor, dafür ist etwas mehr Quarz enthalten, der als hellgraues Mineral leicht zu erkennen ist. Der Quarzgehalt ist aber so niedrig, dass auch dieses Stück ein Syenit ist.


(Bild ohne Beschriftung)
Syenite im Anstehenden
Woher könnten diese Funde stammen? Eine erste Vermutung fällt auf den Vaggeryd-Syenit im nordwestlichen Småland. Geschiebe von dort würden auch in etwa zu den Fundorten in Dänemark und in Schleswig-Holstein passen.
Der Vaggeryd-Syenit erstreckt sich über ca. 45 Kilometer als ein ausgeprägt längliches Vorkommen in N-S-Richtung. In der Karte ist das die braune Fläche in der Mitte. Die beiden Pfeile zeigen auf die Probenorte der folgenden Handstücke.

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Vaggeryd-Syenit verwittert sehr stark. Daher ist die Landschaft dort flach und bietet nur sehr wenige Aufschlüsse. Bei einer Exkursion konnte ich bei Klevshult (nördlicher Pfeil) und bei Värnamo (südlicher Pfeil) Proben gewinnen.
Im Aufschluss bei Klevshult (Småland) sieht der Vaggeryd-Syenit unter anderem so aus:


Dieser Syenit ähnelt zwar farblich einigen Geschiebefunden, aber sein Gefüge ist viel weniger porphyrisch als in den Geschieben. Es gibt darin einzelne Rhomben, die jedoch nur schwer zu erkennen sind (Bild 18).

(Aufnahme unter Wasser - Bild ohne Beschriftung)


Damit ist der Vaggeryd-Syenit eine interessante Spur. Aber die Proben von Klevshult sind den Geschieben nicht ähnlich genug, wie das Vergleichsbild zeigt.

Oben links der Vaggeryd-Syenit mit den meisten Rhomben, rechts und unten einige rhombenführende Geschiebe. Diese enthalten wesentlich mehr Rhomben, die sich auch stärker von der Grundmasse abheben. Den Proben von Klevshult fehlt der Granat.
Aus dem weiter südlich gelegenen Steinbruch bei Värnamo kommen die folgenden beiden Proben. Dieser Vaggeryd-Syenit ist porphyrisch und enthält auch Granat.




(Bild ohne Beschriftung)
Auch diese Proben sind nicht ähnlich genug.
Wenn wir den Vaggeryd-Syenit als Herkunftsgebiet ins Auge fassen wollen, brauchen wir erstens Proben von dort, die genau so aussehen, wie die Geschiebe. Zweitens müssen wir hinreichend sicher sein, dass es nicht noch weitere Vorkommen solcher Syenite mit Rhomben gibt. Für ein Leitgeschiebe müssen beide Bedingungen erfüllt sein.
Syenite in Südschweden
In Südschweden gibt es eine ganze Reihe weiterer Syenitvorkommen, die südlich vom Vaggeryd-Vorkommen liegen. Eines liegt nördlich von Glimåkra, eine ganze Reihe weiterer in der Umgebung von Gumlösa. Diese Vorkommen sind eher klein (weiße Pfeile).

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Die Grundgebirgskarte der SGU (1:50000 - 1: 200000) ist online zugänglich. Darin tragen die Syenite die Nummer 3610 und sind nur geringfügig dunkler gefärbt als die anderen braunen Signaturen.
Informationen zum Gestein erhält man beim Klick in die Karte. Der ungefähre Gesteinstyp steht im ersten Eintrag unter „Bergart text“, in diesem Fall ist das „Syenitoid-granit“. Ganz unten findet man die Ziffer 3610 für den Gesteinstyp.
Wie weiter?
Der erste Schritt muss in der Erkundung und Beprobung der Syenite in Schonen bestehen. Die Karte der SGU ist dabei eine große Hilfe.
Ein Anfang wäre gemacht, wenn wir innerhalb der Vorkommen Proben aus dem Anstehenden gewinnen. Parallel dazu muss das Nahgeschiebe dort untersucht werden, vor allem südlich der Vorkommen. Das Geschiebe in Skandinavien ist zum allergrößten Teil Nahgeschiebe, stammt also aus der unmittelbaren Umgebung – immer unter Berücksichtigung der Eisbewegung. Die verlief im Norden von Schonen ungefähr von Nord nach Süd, mit Abweichungen.
Daher sind Kiesgruben und ähnliche Aufschlüsse südlich der Syenitvorkommen besonders interessant. Findet man dort rhombenführende Syenite, so liegt deren Ursprung ungefähr nördlich. In Flüssen und in deren Nähe können lose Steine auch aus größerer Entfernung kommen.
So eine Suche nach Nahgeschiebe kann von jedem unternommen werden, der Gesteine bestimmen kann. Für jeden Fund muss der genaue Fundort notiert werden, Koordinaten sind ideal. Eine gründliche Suche über mehrere Tage und eine größere Fläche kann Entscheidendes zur Klärung der Herkunft der Syenitgeschiebe beitragen.
Auch eine Suche nördlich dieser Vorkommen ist sinnvoll. Findet man dort rhombenführende Syenite, dann können diese aus dem Vaggeryd-Syenit stammen und die südlich gelegenen Vorkommen scheiden aus.
Wer Interesse daran hat, kann sich zur Vorbereitung gern bei mir melden.
Die Syenite in Schonen sind nur ein mögliches Herkunftsgebiet. Die rhombenführenden Geschiebe können auch aus ganz anderen Vorkommen stammen, die auch unter Wasser liegen können. Es gibt viele Möglichkeiten.
Ähnliche Gesteine
Wegen der körnigen Grundmasse werden auch Rhombenporphyr-Gänge ins Gespräch gebracht. Die an Land zugänglichen Gänge an der schwedischen Westküste sehen anders aus als die Geschiebe. Der häufigste Typ ist dieser hier:

(Insel Hamburgö bei Hamburgsund, Bohuslän, Schweden
polierter Schnitt)
Proben und Koordinaten
Bild 6-8 und 13-15: Proben aus der Sammlung Brückner
Bild 17-21: Vaggeryd-Syenit von Klevshult, N57.35375 E14.11690
Bild 17-21: Vaggeryd-Syenit von Värnamo, N57.22741 E14.13272
Alle anderen Proben: kristallin.de
Ich danke Torsten Brückner, dessen Polituren das Fotografieren erheblich erleichtert haben.
Literatur
BÖNIG-MÜLLER R 2024 Vaggeryd-Syenit mit Rhomben als Geschiebefund – Geschiebekunde aktuell 40(2): 49-54.
DE JONG J 2003 Zwerfsteenvoorbeelden van de randfaciës van de Vaggerydsyeniet. Vortrag auf dem 11. Zwerfsteensymposium (Siehe unten)
SGU 2024 Sveriges geologiska undersökning: Karte Grundgebirge Schweden 1:50000 – 250000, online, https://apps.sgu.se/kartvisare/kartvisare-berg-50-250-tusen.html
QUENSEL P 1960: Vaggerydssyeniten - Sveriges Geologiska Undersökning C 576 Årsbok 54 (7): 38 S., 27 Abb., 1 Falt-Taf. (Kte.), Stockholm.
https://resource.sgu.se/dokument/publikation/c/c576rapport/c576-rapport.pdf
(Siehe auch meinen Beitrag in „Geschiebekunde aktuell.)
Anhang
Hier finden Sie den Text von Jelle de Jong aus dem Jahr 2003 mit der Übersetzung von Hildegard Wilske.
Wer den Text oben nicht gelesen hat:
Die von Zandstra zitierte Quelle, Percy Quensel (1960), enthält keine einzige Angabe zu rhombenförmigen Feldspäten. Auch die „Randfazies“ hat nichts mit den rhombenführenden Syeniten zu tun. Entgegen der Behauptung von Zandstra klärt der Text von Quensels nicht, woher die rhombenführenden Syenite kommen.
Ihre Herkunft ist bis heute (2024) unklar, auch wenn 2003 etwas anderes behauptet wurde.
Im Text wird auch Herr Kleis zitiert, der das passende Gefüge im Anstehenden gefunden haben will. Das wäre hervorragend, jedoch brauchen wir Proben mit genauer Herkunftsangabe. Wenn jemand Handstücke des Vaggeryd-Syenits besitzt, die wie die Geschiebe aussehen, dann bitte ich um eine Nachricht. Danke im Voraus!
Matthias Bräunlich, August 2024