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Weißer Filipstad-Granit


Lagekarte

Dieses auffällig helle Gestein enthält praktisch keine dunklen Minerale, vereinzelte kleine dunkle Körnchen ausgenommen. Auf der weißlich-hellgrauen oder leicht gelblichen Außenseite erkennt man runde und eckige Feldspäte mit einem weißen Saum.
Ist der Stein angewittert, kann der Saum vertieft liegen.

Bild 1: Angewitterte Oberfläche

Die meisten Feldspäte sind kleiner als 1 cm und nur selten werden 1,5 cm Durchmesser erreicht. Einige der Feldspäte sind kantig-unregelmäßig geformt, die meisten aber eher rundlich. Das Gestein sieht auf den ersten Blick wie ein Rapakiwi aus, ist aber keiner. Dazu gleich mehr.

Bild 2: Typisch sind runde Feldspäte mit weißen Säumen (nasse Oberfläche)

Auf nassen Oberflächen lassen sich die beiden Feldspäte leicht unterscheiden. Der Saum um die Feldspäte ist weiß und besteht aus Plagioklas, während der Kern vom Alkalifeldspat gebildet wird. Er enthält regelmäßig kleine Plagioklaseinschlüsse, die ihm ein geschecktes Aussehen verleihen.1 Siehe Bilder 2, 4 und 5.

Bild 3: Schnittfläche mit dem typischem Gefüge

Neben dem Feldspat enthält das Gestein reichlich Quarz. Er ist hellgrau, teils milchig, teils transparent und kommt in Körnchen von unterschiedlicher Größe vor, die sich in der Grundmasse verteilen.

Bild 4: Kantige und runde Feldspäte mit weißen Säumen

Die meisten Quarze sind kleiner als 1 mm und nur wenige erreichen eine Größe von 3-4 mm.

Bild 5: Gerundeter Feldspat (Ovoid) in Grundmasse mit Quarz
(Bild ohne Beschriftung)

Die unterschiedlich großen Quarze und die runden Feldspäte legen die Vermutung nahe, dass es sich hier um einen Rapakiwi handeln könnte. Das Gestein sieht in der Tat sehr ähnlich aus, ist aber kein Rapakiwi, denn es fehlt eine wichtige Voraussetzung: die anorogene Entstehung. (Anorogen = ohne Gebirgsbildung.)

Dies ist einer der Filipstad-Granite. Das wissen wir seit 2009, als die Eheleute Ans und Henk Scheerboom aus den Niederlanden eine größere Anzahl dieser Steine in einer Kiesgrube am See „Vässelsjön“ fanden. Die Kiesgrube liegt südwestlich von Kopparberg in Schweden.
Zwar waren diese Funde „nur“ Nahgeschiebe, aber wegen ihrer Menge ist sicher, dass das Anstehende in unmittelbarer Nähe liegen muss.

Bild 6: Nahgeschiebe in der Kiesgrube Vässelsjön (Foto: Scheerboom)

Im Bild 6 fällt die eher graue Farbe des Gesteins auf. Die meisten bei uns gefundenen Geschiebe dieses Granits sind schwach gelblich.

Bild 7: Kiesgrube Vässelsjön (Foto: Scheerboom)

Zur Herkunft:

Bild 8: Herkunftsgebiet (Rechteck = Bild 9)

Die Kiesgrube liegt in einem Gebiet mit Vulkaniten, die in der Grundgebirgskarte der SGU gelb dargestellt sind. Wenige Kilometer nordwestlich und nordöstlich gibt es mehrere Granitplutone (braune und rote Farben). Sehr wahrscheinlich stammt der weiße Filipstad-Granit von dort, denn die Gletscher bewegten sich während der letzten Eiszeit in dieser Region ungefähr von Nord nach Süd.

Bild 9: Lage der Kiesgrube im Grundgebirge siehe Pfeil
(© Alle Rechte an dieser Karte liegen bei der SGU)

Auch wenn aktuell (2023) das Anstehende dieses Granits nicht genau bekannt ist, so ist doch seine Zugehörigkeit zu den Filipstadt-Graniten sicher. Deshalb hat er den Namen „Weißer Filipstad-Granit“ bekommen. Die Erstbeschreibung erschien 2010 in „Grondboor & Hamer“.
Hier ein Auszug aus der Übersetzung von Hildegard Wilske:

“Ovoide: Der Kern vieler Ovoide - sie sind rund bis oval, manchmal auch von leicht eckiger Form - besteht aus mehreren Kalifeldspatkristallen (perthitischer Mikroklin), der Mantel aus vielen Plagioklasindividuen. Manche Ovoide haben zwei oder drei Säume um den Kalifeldspat [...]. Die Kalifeldspäte in den Ovoiden sind nicht umgewandelt. Der Plagioklas (Albit / Oligoklas) ist stark in Saussurit umgewandelt (ein körniges Aggregat aus Epidot, Chlorit und Kalzit). In den Ovoiden fehlt Quarz völlig.
Matrix: Viel pertitischer Mikroklin, der sowohl grob- als auch feinkörnig auftritt. Plagioklas (Albit / Oligoklas) tritt mengenmäßig zurück. Die größeren weißen Feldspat“flecken“, die auch vorkommen, bestehen aus mehreren Plagioklaskristallen. Wenige große, undulöse Quarze und viel rekristallisierter, kleiner, undulöser Quarz. Im Quarz kommen auffallend viele sehr feine Rutinnadeln vor. Die dunklen „Flecken“ in dem Gestein bestehen ebenfalls aus Rutil.“

Da die Herkunft dieses Granits genau genug bekannt ist, kann er als Leitgeschiebe für das nördliche Västmanland bzw. das südliche Dalarna benutzt werden. Als Geschiebe wird er eher selten gefunden, was den Schluss zulässt, dass das Vorkommen nur wenige Kilometer groß sein dürfte.

Ähnliche Gesteine:

Ähnliche Granite gibt es mehrfach in Skandinavien. Insbesondere hellgraue oder weiße Wiborgite von Åland oder aus anderen Vorkommen sehen etwas ähnlich aus. Der Unterschied zu echten Rapakiwis liegt vor allem bei den Quarzen. In einem Wiborgit sind die Quarze der ersten Generation rundlich und haben einen gebuchteten Rand als Folge magmatischer Korrosion. Solche Korrosionsspuren fehlen bei allen Quarzen im weißen Filipstad-Granit.
Die kleinen Quarze in echten Rapakiwis bilden fast immer graphische Verwachsungen, die wie winzig kleiner Schriftgranit aussehen oder blumenartige Muster aus länglich-ovalen Quarzen bilden. Auch solche Quarze fehlen im weißen Filipstad-Granit.
Zuletzt liefert die Größe der runden Feldspäte einen Hinweis, denn die sind im weißen Filipstad-Granit kleiner als in weißen Rapakiwis von Åland oder aus anderen Vorkommen.
Die hellen Rapakiwis vom südwestfinnischen Festland sind immer Pyterlite, haben also keinen Saum um die runden Feldspäte und sehen ganz anders aus.

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1 Das Geschiebe der Abbildungen 2-5 wurde von Herrn G. Schöne am Elbufer in Wedel gefunden. (Zurück zur Textstelle)

Koordinaten der Kiesgrube am Vässelsjön:

59.8009, 14.8279

Literatur:

Henk Scheerboom & Ans Scheerboom (2010). „Witte Rapakivi“ is witte Filipstad-Graniet.
Grondboor & Hamer, 64 (2), 42-45 (Lizenz: CC BY 3.0 NL)
Siehe auch unter: https://natuurtijdschriften.nl/pub/568346/GenH2010064002003.pdf

Die vollständige Übersetzung des Textes durch Hildegard Wilske finden Sie hier.

Karten:
Bild 8 zeigt eine ergänzte Karte auf der Basis von „openstreetmap.org“.
Bild 9 zeigt einen ergänzten Ausschnitt aus der Grundgebirgskarte des Geologischen Dienstes von Schweden, SGU. Alle Rechte an dieser Karte liegen bei der SGU.
https://apps.sgu.se/kartvisare/kartvisare-berg-50-250-tusen.html

 

Matthias Bräunlich, Januar 2023

Druckfassung (PDF)

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English summary  English Summary

This light-coloured rock contains almost no dark minerals, apart from small dark grains. Its surface is white or slightly yellowish. Round and angular feldspars with a white rim are visible. If the stone is weathered, the rim may be deepened. (fig. 1)

Most feldspars are smaller than 1 cm, only rarely do they reach 1.5 cm. Some of the feldspars are angular, but most are rather roundish. At first sight, the rock looks like a Rapakivi, but it is not.

On wet surfaces, the two feldspars can be easily distinguished. The rim around the feldspar is white and consists of plagioclase, while the core is formed by alkali feldspar. It regularly contains small white inclusions of plagioclase. (fig. 2, 4 & 5

Besides feldspar, the rock contains abundant quartz. It is light grey, partly milky, partly transparent and occurs in grains of different sizes. All quartz is in the ground mass. Most of the quartz grains are smaller than 1 mm. Only a few reach a size of 3-4 mm. (fig. 5

The different sized quartz and the round feldspars suggest that it could be a rapakivi. The rock looks similar, but it is not a Rapakivi. It lacks one important condition: anorogenic formation.  

This rock belongs to the Filipstad granites. We have known this since 2009, when Ans and Henk Scheerboom from the Netherlands found a large number of these stones in a gravel pit. The gravel pit is located at the lake "Vässelsjön" southwest of Kopparberg in Sweden.
These finds were local erratics. Because of their quantity, it is certain that the original outcrop must be in the immediate vicinity.
The gravel pit is located in an area with volcanic rocks. (Yellow in the map of the SGU - fig. 9). To the northwest and northeast there are several granite plutons (brown and red colours). It is very likely that the white Filipstad granite comes from there, because the glaciers moved there roughly from north to south during the last ice age.

It is certain that this granite belongs to the Filipstadt granites. That is why it has been given the name "White Filipstad Granite". The first description appeared in "Grondboor & Hamer" in 2010.

Similar rocks

Similar granites exist at several places in Scandinavia. Light grey or white wiborgites from Åland or from other deposits look similar. The difference to true rapakiwis lies in the quartz. In a Wiborgite, the quartz of the first generation are larger and above all roundish and have a curved edge. They show signs of corrosion that the large quartz in the white Filipstad granite lack.
The small quartz in true rapakiwis also look different. They almost always form graphic intergrowths. They look like tiny graphic granite. Or they form flower-like patterns of elongated oval quartz. Such quartz is also missing in the white Filipstad granite. 

The size of the round feldspars also provides a clue, because they are small in the white Filipstad granite. White Wiborgites from Åland or other deposits have larger ovoids.
The light-coloured rapakiwis from the south-western Finnish mainland are always Pyterlites. They have no rim around the round feldspar and therefore look quite different.

Coordinates of the gravel pit at Vässelsjön: 59.8009, 14.8279 

Literature:

Henk Scheerboom & Ans Scheerboom (2010). "Witte Rapakivi" is witte Filipstad-Graniet.
Grondboor & Hamer, 64 (2), 42-45 (licence: CC BY 3.0 NL).
See also: https://natuurtijdschriften.nl/pub/568346/GenH2010064002003.pdf

Maps:
Figure 8 shows a supplemented map based on "openstreetmap.org".
Figure 9 shows an edited section of the bedrock map of the Geological Survey of Sweden, SGU. All rights to this map are held by SGU.
https://apps.sgu.se/kartvisare/kartvisare-berg-50-250-tusen.html

 

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Matthias Bräunlich, January 2023