Auch wenn man beim Namen Blyberg ("Bleiberg") vielleicht an Erzgewinnung
denkt, so ist doch dieses Gestein in Schweden vor allem als kunstvoll
bearbeiteter Werkstein bekannt geworden. Blyberg-Porphyr findet sich heute nicht nur im königlichen Schloß in
Stockholm, sondern auch in Kirchen, Gedenkstätten oder in
Privathaushalten.
Wegen dieser
herausragenden Rolle möchte ich
vor der eigentlichen Gesteinsbeschreibung noch einige Anmerkungen zur
Geschichte der Porphyrbearbeitung
in Dalarna einfügen.
Das Porphyrwerk in Älvdalen ("Elfdalen"):
Am Ende des 18. Jahrhunderts entwickelte sich im damals weit abgelegenen Dalarna eine
Schmucksteinbearbeitung, die noch heute größten Respekt
verdient. Das liegt vor allem an der einfachen Technik, mit der Gesteine
bearbeitet wurden, die teilweise härter als Glas (!) sind.
Alles begann im Jahre 1787 mit der Gründung der Aktiengesellschaft "Elvdals Porphyrverk",
deren
technischer Leiter Eric Hagström war.
Von Anfang an wurden eindrucksvolle Prunkvasen,
Gedenktafeln, Säulen oder Kamine hergestellt.
Dazu kamen kleine, filigran
gearbeitete Schalen, Dosen und Tischschmuck.
Vieles davon wurde aus dem Porphyr vom Blyberg angefertigt.
Die Preise waren wegen der aufwendigen Fertigung astronomisch. Die
Erzeugnisse des Porphyrwerks konnten sich nur die Reichsten der Reichen, allen voran der schwedische
Königshof, leisten.

Das Bild zeigt einige typische Stücke bearbeiteter Porphyre aus Dalarna.
(Foto aus dem Prospekt des Porphyrmuseums in Älvdalen)
Die wirtschaftliche Entwicklung des Porphyrwerkes war starken Schwankungen
unterworfen.
Ohne die regelmäßigen Bestellungen des schwedischen Königs Gustaf III.
wäre die Produktion wahrscheinlich nie richtig in Gang gekommen. Wegen der
schwierigen Auftragslage wurde aber 1887 die
Bearbeitung der Porphyre endgültig eingestellt.
Wer jemals einen dieser Porphyre aus dem Geschiebe poliert hat, weiß, wovon
hier die Rede ist. Diese Gesteine sind eine Herausforderung. Normaler
Granit ist dagegen geradezu weich.

Aus einem glasharten und spröden Porphyr dünnwandige Dosen mit Deckel
auszuarbeiten oder filigrane Vasen zu drehen, ist eine schier unglaubliche Leistung,
denn all das wurde
ohne Diamantwerkzeuge erreicht.
Ich erinnere mich, im Porphyrmuseum in Älvdalen gelesen zu haben, daß
nur das einfache Zersägen eines Blockes mehrere Wochen (!) gedauert hat.
Beeindruckend ist die Fülle der bearbeiteten Gesteine. Neben den
unterschiedlichsten Porphyren wurden auch Granite, insbesondere
Garberg-Granit, Åsby-Diabas sowie der Särna-Tinguait verarbeit. Selbst
Geschiebe dienten als Rohstoff.
Aus dieser Zeit stammen viele, recht fantasievolle Gesteinsnamen für
die unterschiedlichen Gesteine aus dem nordwestlichen Dalarna.
"Schwarzer Orrlok", "Blyberg", "Schwarzer Blyberg", "Kåtilla",
"Schwarzer Rännås", "Rödådrig (rotgeäderter) Rännås", "Gammal Klitt", "Grön
Klitt" sind nur einige Beispiele.
Es gab umfangreiche Mustersammlungen, um den potentiellen Kunden eine Hilfe bei der Auswahl des Materials zu bieten. |
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Die Anzahl der angebotenen Gesteinstypen lag bei weit über 100.
Die damals gewählten Namen waren Teil einer weit gefächerten
Produktpalette. Sie bezogen sich vor allem auf Farbe und
Zeichnung des jeweiligen Gesteins. (Siehe links)
Bei der Namensgebung kam es vor allem darauf an, den
verschieden gemusterten Gesteinen einen einprägsamen Namen zu geben. |
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Ein Teil dieser Gesteinsnamen hat bis in unsere Tage überdauert und einige
wenige von ihnen sind sogar als Leitgeschiebe in die geologische Literatur
eingegangen.
Trotzdem sollte man immer bedenken, daß es zu keiner Zeit Absicht war, mit
diesen klangvollen Namen ein einzelnes Gestein aus einem singulären
Vorkommen zu benennen. Daher dürfen diese Namen nicht per se als Bezeichnungen von
Leitgeschieben mißverstanden werden. Auch wenn es einige
darunter gibt, bei denen das zutrifft. Der Bredvad-Porphyr ist so ein Beispiel.
Andere der alten Namen liegen direkt im Widerspruch zu den heute
etablierten Leitgeschieben:
"Grön Klitt" (getrennt geschrieben) auf der hier
gezeigten Mustertafel ist ein grünliches Gestein. Der "Grönklitt-Porphyr"
der Geschiebekunde ist nach dem Berg "Grönklitten" benannt und sieht,
bis auf einzelne graue Varianten, rot
bis violett, aber nie grünlich aus.
Die alten Namen der Gesteine aus Dalarna haben also, von
wenigen Ausnahmen abgesehen,
nichts mit unseren Leitgeschieben zu tun.
Selbst bei den in der Geschiebekunde etablierten Gesteinsnamen gibt es
einige, die mit Augenmaß zu behandeln sind. Der Blyberg-Porphyr hier ist so ein
Beispiel, denn dunkle Porphyre mit solchem Gefüge gibt es auch an anderen
Stellen in Dalarna. "Blyberg-Porphyr" sollte man deshalb eher als Bezeichnung für einen Typ von
Porphyr denn für ein einzelnes Vorkommen benutzen. Mehr dazu weiter unten.
Beschreibung des Porphyrs vom Blyberg:
Der am Blyberg anstehende Porphyr ist ein Ignimbrit. Allerdings zeigt
nur ein Teil des Gesteins die charakteristischen Flammen.
Gesteine vom Typ "Blyberg" sind
dunkel und enthalten eine Vielzahl kleiner Einsprenglinge. Diese Feldspateinsprenglinge
können einheitlich gefärbt sein. Dann zeigen sie meist einen blaßgelblichen oder
fast weißen Farbton. In manchen Partien kommen
zwei unterschiedlich gefärbte Feldspäte gleichzeitig vor, deren Farben
einerseits blaß fleischfarben und andererseits hell bis grauweiß sind.
Die Feldspäte sind teils kantig-idiomorph, teils zerbrochen. Ihre Größe
liegt im Bereich weniger Millimeter. Gerundete Exemplare mit Zeichen von
magmatischer Korrosion treten nicht auf.
Erkennbarer
Quarz kommt ebenfalls nicht vor. Die Grundmasse ist
braun bis dunkelbraun, vereinzelt fast schwarz und beinahe dicht. Sie
zeigt farbliche Schwankungen und Schlieren und wirkt fleckig. Unter
der Lupe zeigt die Grundmasse undeutlich eine schwache Körnigkeit, die durch winzige,
rötliche Körnchen verursacht wird.
Das Gestein ist sehr hart und
bricht splittrig.
Die in Ignimbriten oft zu sehenden Flammen (Fiamme) sind im
Blyberg-Porphyr nur vereinzelt enthalten. Es gibt dezimetergroße Partien,
die keine Flammen enthalten. Kleine Geschiebestücke enthalten dann auch keinen Hinweis
auf die ignimbritische Entstehung.

Blyberg-Porphyr. Loser Block am Blyberg in Dalarna. Bildbreite
etwa 40 cm.
Die Nahaufnahme unterhalb zeigt die Einzelheiten deutlicher:

Blyberg-Porphyr, anstehend am Blyberg.
Das Bild zeigt die angefeuchtete Oberfläche eines leicht angewitterten
Steines vom Westhang des Blyberges. Die rötlichen Flecken sind nur
oberflächlich und gehören nicht zum normalen Gefüge. Die Ignimbritstreifen
sind kurz und spärlich, die Grundmasse ist dunkelbraun. Links oben im Bild
ist eine etwas frischere Bruchfläche zu sehen. Die Grundmasse ist dort
etwas dunkler.
Die nächste Probe stammt vom gleichen Berg, aber aus dem historischen Steinbruch,
der einige hundert Meter nordöstlich von meiner Probenstelle entfernt
liegt.

Blyberg-Porphyr vom Blyberg, Sammlung Wagner, Hamburg.
Vergleicht man beide Nahaufnahmen, zeigen sich nicht nur in der Gesamtfarbe
Unterschiede. Auch die Einsprenglinge haben in der dunkleren
Probe mehr Farbnuancen. Identisch ist in beiden Proben das Fehlen von
Quarz und die dunkle, leicht fleckige Grundmasse.
In beiden Stücken sind Ignimbritstreifen enthalten. Das ist Absicht und
liegt an der Auswahl der Proben. Man versucht natürlich ein Stück
mitzunehmen, das alle Merkmale zeigt. Schaut man sich jedoch das
Anstehende am Blyberg an, ist die Chance viel größer, ein Geschiebe
zu finden, das nur Einsprenglinge ohne Streifen enthält. Flammen sind in
diesem Ignimbrit selten.
Herkunft:

Der Blyberg liegt an der Straße von Mora nach Älvdalen in Dalarna.
Wenige Kilometer südöstlich von Älvdalen liegt die Ortschaft "Blyberg", direkt nördlich davon
der Berg mit dem Steinbruch. Wenn Sie rechts die Karte anklicken, ist die
ungefähre Lage des Steinbruchs (Symbol
)
eingetragen. Der alte Steinbruch am Blyberg ist heute noch zugänglich.
Statt nach Dalarna zu fahren, können Sie auch in Kiesgruben oder am
Strand nach diesem Gestein Ausschau halten. Sie brauchen aber Ausdauer.
Blyberg-Porphyr im Geschiebe:
Sehr dunkle bis schwarze Porphyre aus Dalarna sind wesentlich seltener als braune bzw.
violette, werden aber hin und wieder gefunden.
Wenn ich im folgenden von "Blyberg" spreche, fasse ich diesen Begriff
weiter und beziehe ihn nicht nur auf das Gestein direkt vom Blyberg. Unter dem "Typ
Blyberg" verstehe ich einsprenglingsreiche, harte und dichte Vulkanite mit
nur wenigen Flammen. Sie enthalten keinerlei Quarz, die
Feldspateinsprenglinge sind gut entwickelt und hell bis blaßgelblich. Der Farbton der
Grundmasse kann von fast schwarz bis dunkelbraun reichen, zumal die
Farben und Gefüge im Anstehenden ohnehin immer Schwankungen unterworfen
sind. Die Ausbildung der Einsprenglinge ist in all den hier gezeigten
Gesteinen typisch für Dalarna: Man findet zerbrochene ebenso wie
unbeschädigte Feldspatkristalle, die aber alle klare Konturen zeigen.

Geschiebe aus der Kiesgrube Nützen (Norderstedt bei Hamburg).
Das Bild zeigt nur ein kleines Bruchstück eines größeren Geschiebes.
Dieses ging leider
durch den Brecher.
Die Grundmasse ist ziemlich dunkel, ansonsten gleicht das Gestein den
Proben weiter oben.
Unten: Geschiebe aus der Kiesgrube bei Glasin (Mecklenburg-Vorpommern)

Dieses Geschiebe hat eine etwas hellere Grundmasse. Die vereinzelten und typisch
gefärbten Ignimbritstreifen sind gut zu erkennen. An diesem Stück hat mir
besonders gefallen, daß die Flammen die gleiche Zonierung zeigen, die ich
auch in Schweden gesehen habe. Im Inneren der Fiamme sind diese
gelbgrünlich, außer herum braun.
Geschiebe mit diesem Gefüge sind, zumindest in Schleswig-Holstein,
selten.
Zum Schluß möchte ich noch einen der bearbeiteten Porphyre zeigen. Wer
jemals selbst einen Ignimbrit aus Dalarna bearbeitet hat, wird ebenso wie
ich von der Arbeitsleistung beeindruckt sein, die in diesen Produkten
steckt. Diese Porphyre sind außergewöhnlich hart.
Das Bild zeigt eine Urnenvase auf dem Friedhof in Mora. Sie steht auf dem
Grab eines ehemaligen Sägewerksbesitzers. Vermutlich war er der einzige,
der so ein Stück bezahlen konnte.
Der Porphyr ist sehr dunkel,
die Anzahl der Flammen ist etwas höher als in den hier gezeigten
Blyberg-Porphyren. Auch dieses Stück wurde aus einem der besonders attraktiven Vulkanite,
die um Älvdalen herum vorkommen, hergestellt.
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