Ostsee-Rapakiwis
Zusammenfassung:
Ostsee-Rapakiwis sind auffällig orangerote Granite mit
porphyrischem Gefüge. Die überwiegend kantigen Feldspateinsprenglinge sind
meist kleiner als 1 cm
und haben
gelblich
fleckige Kerne. Die Feldspäte sind auf ihrer Außenseite von winzig kleinen
Quarzen (≤ 0,5 mm) umgeben. Die Grundmasse des Gesteins enthält viele
stark korrodierte, hellgraue Quarze, die meist 2-3 mm groß sind.
Dieses Gestein stammt aus einem Vorkommen am Grund der nördlichen Ostsee. (Erstbeschreibung
in
„Geschiebekunde aktuell“, Mai 2016.)
 
Polierter Schnitt
eines Ostsee-Rapakiwis. Geschiebe von Borger-Odoorn bei Groningen,
Niederlande.
Ähnliche Gesteine:
Ostsee-Rapakiwis ähneln in ihrer Farbe den Gesteinen von Rödö, unterscheiden sich
aber durch die stark korrodierten großen Quarze, die es in dieser Form auf Rödö nicht gibt. Auch die gelbfleckigen Kerne in den rechteckigen
Alkalifeldspäten kommen nicht in Rödö-Gesteinen vor, ebenso die
Umrandungen der kantigen Feldspäte durch viele winzig kleine Quarze.
Ausführliche Beschreibung: 
Ostsee-Rapakiwis stammen sehr wahrscheinlich aus dem Nordbaltischen Pluton,
einem Unterwasservorkommen zwischen Åland und Estland. Proben von dort
sind nicht bekannt, es gibt nur Geschiebe (Stand 2016).
Ostsee-Rapakiwis sind an baltische Geschiebegemeinschaften gebunden und
kommen oft zusammen mit Roten Ostsee-Quarzporphyren und Åland-Rapakiwis
vor. Funde sind insgesamt selten, die Geschiebe aber weit verbreitet und
aus Litauen, Polen, Deutschland, den Niederlanden und sogar dem Norden
Dänemarks bekannt.

Die Karte
zeigt die Lage des Nordbaltischen Plutons im Seegebiet zwischen Åland und
Estland.
Im Kartenausschnitt bewegten sich die Gletscher während der
letzten Eiszeit etwa von Nordwest nach Südost. Geschiebe aus dem
Nordbaltische Pluton gibt es auf Hiiumaa ebenso wie auf Saaremaa, jeweils
vor allem im Westen der Inseln.
Makroskopische Kennzeichen der Ostsee-Rapakiwis:
- Porphyrischer
Granit mit orangerotem Alkalifeldspat, überwiegend in Form kantiger
Einsprenglinge, die meist unter 1 cm groß sind. Viele der Einsprenglinge
sind Karlsbader Zwillinge.
- Die Kerne der
Alkalifeldspäte sind oft fleckig. Diese Flecken bestehen aus hellem,
gelblichem Alkalifeldspat mit kräftigen perthitischen Entmischungen.
Die gelblichen Areale sind unscharf begrenzt und unregelmäßig geformt.
Wenn sie fehlen, was nur selten der Fall ist, sind die Alkalifeldspäte
hellrötlich-fleischfarben.
- Viele
Alkalifeldspäte sind von einem Saum aus winzig kleinen Quarzen umgeben.
Die Quarze sind fast immer kleiner als 0,5 mm. (Das Gestein ist kein
Pyterlit, da es keine Ovoide enthält.)
- In der
Grundmasse stecken viele rundliche, tief korrodierte Quarze. Sie sind
meist hellgrau, selten dunkelgrau, gelegentlich auch transparent und
überwiegend 2-3 mm groß
- Plagioklas
bildet oft kantige, gelblich-grünliche oder auch rotbraune Kristalle,
die immer kleiner als die Alkalifeldspateinsprenglinge sind
- Manche
Ostsee-Rapakiwis enthalten kleine violette Fluoritkörner, die in der
Regel kleiner als 1 mm sind.

Das Bild
zeigt einen typischen Ostsee-Rapakiwi mit vielen länglich-rechteckigen
Feldspäten, die gelbfleckige Zonen enthalten (siehe Ausschnitt unten).
Die kleinen Quarze auf den Außenseiten der Feldspäte sind nur mit einer
starken Lupe erkennbar.

Qz1 =
korrodierter Quarz der ersten Generation, Qz2 = kleine Quarze der zweiten
Generation, Afs = Alkalifeldspat, PL = Plagioklas, FL = Fluorit.
(Vergrößerung ohne
Beschriftung hier)
Der
Ausschnitt hier enthält nur einen der großen Quarze (Qz1), das nächste
Bild zeigt mehr davon. Alle diese Quarze sind so tief zerfurcht, dass ihre
ehemals runden Umrisse kaum noch zu erkennen sind.

Korrodierte Quarze mit typischer Farbe in einem Ostsee-Rapakiwi.

Der rote
Pfeil zeigt auf einen angestoßenen und rissigen Quarz, während der grüne
auf ein Quarzkorn weist, das vertieft und geschützt liegt.
Um die
Farbe von Quarz zu beurteilen, braucht man ein unbeschädigtes Korn, was
gelegentlich schwierig ist, weil an der Oberfläche von Geschieben fast
alle Quarze rissig sind und deshalb zu hell aussehen. Mit etwas Mühe
findet man aber fast immer einen Quarz, der geschützt liegt.
(PL =
Plagioklas, er ist meist schwach grünlich. Alles rötliche ist
Alkalifeldspat.)
In manchen
Ostsee-Rapakiwis gibt es nur sehr wenige kleine Quarze auf den Außenseiten
der Alkalifeldspäte.


Dafür sind
hier die gelbfleckigen Kerne der Feldspäte besonders gut erkennbar. Die
grünlichen Plagioklase sind immer nur wenige Millimeter klein.
Einige
Ostsee-Rapakiwis fallen durch besonders wenige Einsprenglinge auf. Dieser
hier liegt am Hafen von Söru auf Hiiumaa.

Die
intensiv grünen Flecken auf der Oberfläche sind Algen und gehören nicht
zum Gestein.
Das
nächste
Geschiebe wurde im Norden Dänemarks gefunden (Sammlung Henrik Arildskov).
Wegen der Nähe zu Norwegen ist das Risiko groß, porphyrische Rapakiwis
allesamt als Drammen-Granite anzusprechen. Da man dort aber auch
Åland-Rapakiwis findet, muss man die Ostsee ebenso wie Schweden als
Liefergebiet für Geschiebe in Betracht ziehen.



Der
folgende Ostsee-Rapakiwi ist geschnitten und poliert. Er stammt von einem
größeren Geschiebe, das beim Bau der A 20 südlich von Greifswald gefunden
wurde. Diese Variante ist weniger rot als die bisher gezeigten.


Die
Vergrößerung (unten) zeigt einige der vielen Fluoriteinschlüsse:

Unten:
Geschiebe vom Stadtrand Hamburg (Gewerbegebiet Höltigbaum)


Die
kleinen braunen Einsprenglinge sind Plagioklase, das violette ist Fluorit.
Das
nächste Beispiel stammt von Nidden (Nida) auf der Kurischen Nehrung
(Litauen) und wurde mir von Harry Huisman mitgebracht.


Der letzte
Ostsee-Rapakiwi ist einer der seltenen hellbraunen Vertreter:



Auch wenn
hier kein orangeroter Feldspat vorkommt, sind doch alle anderen
Kennzeichen der Ostsee-Rapakiwis vorhanden. In diesem Stück sind die
großen Quarze schwach graubraun gefärbt, der Plagioklas ist wieder
grünlichbraun.
Literatur
KOISTINEN
TJ 1996 (Hrsg.) Explanation to the Map of Precambrian basement of the Gulf
of Finland and surrounding area 1:1 million - Geological Survey of Finland,
Special Paper 21: 141 S., Espoo.
LEHTINEN
M, NURMI PA & RÄMÖ OT (Hrsg.) 2005 Precambrian geology of Finland. Key to
the evolution of the Fennoscandian Shield - Developments in Precambrian
Geology 14: XIV + 736 S., Abb., Ktn., Amsterdam (Elsevier).
Die
Kartenskizze wurde neu gezeichnet und basiert auf
der Karte
in “Explanation to the Map of Precambrian basement of the Gulf of Finland
and surrounding area 1:1 mill. Espoo 1996” (siehe KOISTINEN 1996).
Den Artikel, in dem
dieses Gestein erstmalig beschrieben wurde, finden Sie hier.
nach oben
|