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Åland-Rapakiwi („Aland-Rapakivi“)
Zusammenfassung:

Åland-Rapakiwis sind überwiegend braunrote oder rötliche Granite mit
rundlichen Feldspäten („Ovoide“), deren Größe meist 1 bis 2 cm beträgt.
In allen Åland-Rapakiwis findet man zwei verschiedene Formen von Quarz.
Zum einen gerundete Quarze, die mehrere Millimeter groß sind und einen
eingebuchteten Rand aufweisen, zum anderen sehr viele, winzig kleine
Quarze, die in der Grundmasse stecken. Die kleinen Quarze sehen oft
wurmförmig, länglich gebogen aus, ähnlich einem Komma. Sie müssen erkannt
werden, was nur mit einer 10fach vergrößernden Lupe möglich ist. Wenn die
kleinen Quarze fehlen, haben Sie keinen Rapakiwi vor sich.
 
Ein
solches Gestein stammt immer von den Ålandinseln und ist ein
Leitgeschiebe.
Qz1 =
große Quarze, Qz2 = kleine Quarze, Afs = Alkalifeldspat,
Pl = Plagioklas, Ovoide = gerundete Alkalifeldspäte.
Ähnliche Gesteine:
Ein anderer roter Rapakiwi kommt von der Insel Rödö an der schwedischen
Ostküste. Dort sind die Ovoide für gewöhnlich etwas größer und die großen
Quarze immer hell mit überwiegend glattem Rand. Rapakiwis von Rödö sind
sehr viel seltener als die von Åland.
Weitere Rapakiwis gibt es in der nördlichen Ostsee („Kökarsfjärden“ und
„Nordbaltischer Pluton“) sowie im südwestlichen Finnland. Gesteine von
dort sind aber mit denen von Åland nicht zu verwechseln - nach aktuellem
Kenntnisstand.
Als Geschiebe findet man Åland-Rapakiwis im nördlichen Teil Deutschlands
und im Osten bis weit in den Süden von Sachsen und Thüringen.
Åland-Rapakiwis sind leicht erkennbare Leitgeschiebe, die einen
Eistransport aus der nördlichen Ostsee bis zum Fundort belegen.
Ausführliche Beschreibung:
I. Åland-Rapakiwis
1. Der
typische Åland-Rapakiwi
2. Große
und kleine Quarze
3.
Åland-Rapakiwis mit Wiborgitgefüge
4.
Åland-Rapakiwis mit Pyterlitgefüge
II. Die Varianten der Åland-Rapakiwis
5.
„Åland-Granit“ und andere Merkwürdigkeiten
6. Neue
Definition: Rapakiwis als A-Granite
7.
Porphyrische Åland-Rapakiwis
8.
Gleichkörnige Åland-Rapakiwis
9. Åland-Aplitgranit
10. Granophyr
11.
Resümee
III.
Åland-Rapakiwis als Geschiebe
12. Rapakiwis finden
IV. Anhang: Proben und Koordinaten
Alle Åland-Rapakiwis
stammen aus einem
Granitmassiv, das mit mehr als 6000 km2
den
größten Teil der Ålandinseln einnimmt und sich weit unter Wasser ausdehnt:
überwiegend nach Norden, aber auch nach Nordosten und Westen.
Die Karte
rechts zeigt die Größe des Ålandplutons sowie die benachbarten
Rapakiwivorkommen, die eigenständige geologische Einheiten sind. Das sind:
„Kökarsfjärden“ und der „Nordbaltische Pluton“ im Südosten sowie „Vehmaa“
und „Laitila“ im Osten.
I. Åland-Rapakiwis als Leitgeschiebe
1. Der typische Åland-Rapakiwi
Alle
Rapakiwis sind Granite und bestehen deshalb vor allem aus Alkalifeldspat
und Quarz. Dazu kommt noch Plagioklas, der aber nur einen kleinen
Teil des Gesteins ausmacht. Das trifft auch auf die dunklen Minerale zu.
Die allermeisten Åland-Rapakiwis haben eine braunrote Farbe, die am besten
auf nassen Steinen zu erkennen ist.
Um Rapakiwis sicher zu bestimmen, reicht das bloße Anschauen
nicht
aus, auch dann nicht, wenn Sie die runden Feldspäte schon mit bloßem Auge
erkennen. Es gibt Gesteine mit runden Feldspäten, die keine Rapakiwis
sind.
Rapakiwis sicher erkennen
·
Alle Rapakiwis sind undeformiert und haben eine richtungsloses Gefüge. Es
gibt keine Streifen und keine verformten Minerale.
·
Åland-Rapakiwis sind überwiegend rotbraun, oft enthalten sie unscharfe
rote Flecken. Das Gestein kann auch ziegelrot, braun, hell-fleischfarben
und hellgrau sein.
·
Es
handelt sich immer um Granite mit zwei Generationen von Quarz und
Feldspat. Bei den Feldspäten bilden die runden Feldspäte („Ovoide“) die
erste und ältere Generation, während die zweite Generation der Feldspäte
in der Grundmasse steckt.
·
Die Ovoide der Åland-Rapakiwis tragen oft einen dünnen Saum aus braunem
oder grünlichgrauem Plagioklas und sind im Durchschnitte 1 bis 2 cm groß.
Das ist eher klein, wenn man sie mit den Rapakiwis vom finnischen Festland
vergleicht, allerdings kommen auf Åland vereinzelt auch größere Ovoide
vor. Die Menge der runden Feldspäte im Åland-Rapakiwi schwankt zwischen
wenigen bis hin zu sehr vielen.
·
Auch bei den Quarzen bildet die ältere Generation größere und gerundete
Einsprenglinge. Diese Quarze sind oft, aber nicht immer, dunkel gefärbt
und durchschnittlich um 2-3 mm groß, einzelne erreichen bis 5 mm. Der Rand
dieser Quarze ist tief eingebuchtet und sieht wie zerfressen aus.
·
Die zweite Generation der Quarze ist winzig klein und steckt immer im
Feldspat der Grundmasse. Die kleinen Quarze sehen überwiegend wurmförmig
aus, ähnlich einem Komma. Es kommen aber auch runenförmige Quarze vor, die
dann winzig kleinen Schriftgranit bilden. Manchmal sind die kleinen Quarze
rundlich-körnig.
Bei Rapakiwis werden zwei Gefügetypen unterschieden: Wenn die runden
Feldspäte außen einen Saum aus Plagioklas tragen, wird das Gestein als
Wiborgit
bezeichnet. Fehlen die Säume bei den meisten Ovoiden, dann nennt man
diesen Rapakiwi
Pyterlit.
Beide Begriffe beschreiben nur den Gefügetyp,
nicht die Herkunft.
2. Große und kleine Quarze in Rapakiwis

Große Quarze
Im Bild sind drei große Quarze markiert, deren äußerer Rand besonders tief
gefurcht ist. Diese erste Generation (Qz1) entstand früh, schon während
des Aufstiegs des Granitmagmas. Die darin befindlichen, frisch gebildeten
Quarzkristalle wurden wieder angeschmolzen und verloren dabei ihre Ecken
und Kanten. Diesen Vorgang, das erneute Aufschmelzen eines Minerals, nennt
man „magmatische Korrosion“. Hält dieser Zustand länger an, löst sich das
Mineral komplett auf. Ursache ist der abnehmende Umgebungsdruck im heißen
Magma, wenn dieses schnell nach oben aufsteigt.
Die großen
runden Quarze stehen in der Regel allein und der Abstand zwischen ihnen
kann etliche Zentimeter betragen.
Kleine Quarze
Die kleinen Quarze, also die zweite Quarzgeneration, sind ein
entscheidendes Merkmal aller Rapakiwis und nur mit einer guten Lupe zu
erkennen. Wenn sie länglich,
gebogen
kommaförmig oder auch kantig (wie Runen) aussehen, bezeichnet man sie als
„graphische Verwachsungen“.
Im linken Bild ist
einer der
großen, gerundeten Quarze der ersten Generation zu sehen (Qz1), rechts
unten ein Teil eines runden Feldspats (Ovoid). Im
Feldspat
dazwischen befinden sich die kleinen Quarze, von denen es Massen gibt.
Einige sind mit Qz2 beschriftet. Vergrößern Sie bitte das Bild, um das
zu
erkennen. Das Bild rechts zeigt die gleiche Probe weniger stark
vergrößert. (Probe Nr 21, Fundort siehe Karte)
 
Graphische
Verwachsungen bilden sich, wenn die aus Alkalifeldspat und Quarz
bestehende Restschmelze ihre tiefstmögliche Temperatur erreicht hat. Dies
bezeichnet man als eutektischen Punkt. Eine weitere Abkühlung führt dann
zur gleichzeitigen Kristallisation von Alkalifeldspat und Quarz, bei der
die charakteristischen Formen entstehen, die wie Blütenblätter oder Runen
aussehen.
(Ganz ähnliche Formen entstehen auch in anderen Schmelzen, wenn an deren
eutektischem Punkt zwei Substanzen gleichzeitig erstarren. So findet man
in Stahl Strukturen, die graphischen Verwachsungen ähneln.).
3. Åland-Rapakiwis mit Wiborgitgefüge
Die folgenden Bilder zeigen Åland-Rapakiwis, in denen die runden Feldspäte
einen Saum aus Plagioklas tragen. Alle Proben stammen direkt von Åland,
siehe auch die Karte bzw. das Verzeichnis am Ende.
Die folgenden Bilder zeigen nasse Oberflächen oder polierte Schnitte. Wenn
Sie Ihren Stein nass machen, sehen Sie unter der Lupe alle hier gezeigten
Details.
 
All das
Hellbraun-fleischfarbene ist Alkalifeldspat, das Blaugraue der Plagioklas.
Er kommt hier auch als separater Einsprengling vor (rechtes Bild, oben
links). Quarz ist dunkel- bis hellbraun. (Nr.
20)
Sehr viele
Åland-Rapakiwis sind kräftig rot gefärbt:
 
Im rechten
Bild ist unten links ein großer, hellgrauer Quarz erkennbar, der ganz
zerfressen aussieht. Er ist ein Beispiel für relativ hellen Quarz in einem
Åland-Rapakiwi. Die Probe ist frisch und wurde unter Wasser fotografiert,
die Minerale zeigen ihre tatsächlichen Farben.
Das grüne Mineral ist Epidot, der oft in den roten Varianten der Rapakiwis
vorkommt. Epidot bildete sich direkt nach der Erstarrung des Gesteins, als
Plagioklas unter dem Einfluss von heißem Wasser zersetzt wurde. Mit etwas
Glück findet man sogar kleine Hohlräume, die voller grasgrüner
Epidotkristalle sind.
Unterhalb sehen Sie eine zweite Probe von der gleichen Stelle, unweit vom
Ort Godby. (Nr.
83).
Dieses Handstück ist ein Musterbeispiel für Åland-Rapakiwis, es enthält
alle Merkmale in besonders deutlicher Ausbildung.
 
(Afs = Alkalifeldspat, Pl = Plagioklas, Qz1 = Quarze der ersten
Generation,
Qz2 = Quarze der zweiten Generation in graphischen Verwachsungen.)
Im
nächsten Beispiel sind die Ovoide weniger deutlich erkennbar, man muss
genau hinschauen. Solche unscheinbaren Gefüge sind gar nicht so selten,
viele Rapakiwis sind unauffällig. Die Probenstelle „Söderskog“
liegt im Westen der Hauptinsel im nördlichen Hammarland.
(Nr. 60)
 
Im
rechten Bild sind links oberhalb der Mitte wieder zwei große, korrodierte
Quarze zu sehen. Die vielen kleinen Quarze in der Grundmasse bilden mit
dem Alkalifeldspat die graphischen Verwachsungen.
Unten:
Diesen hellbraunen Åland-Rapakiwi hatte ich schon weiter oben gezeigt. Es
gibt hier aber noch mehr zu sehen, so zum Beispiel braune Plagioklase, die
zum Teil idiomorphe Kristalle bilden, siehe das schlanke Rechteck im
linken Bild. Dieser Plagioklaskristall ist im Inneren rotfleckig, ein
Zeichen beginnender Zersetzung.
(Nr. 21)
 
Außerdem
enthält dieser Rapakiwi
drei
Quarzgenerationen. Die ganz kleinen Quarze stellen hier die dritte
Generation, sie nehmen die ganze obere rechte Ecke im rechten Bild ein
(vorige Seite). Darunter, rechts von der Mitte, befinden sich die Quarze
mittlerer Größe (hier die zweite Generation). Die ganz großen Quarze der
ersten Generation fehlen in diesem Ausschnitt. Nur ein kleines Bruchstück
eines großen Quarzes steckt oben rechts inmitten der ganz kleinen Quarze.
Er verrät sich durch seinen welligen Rand.
Der
nächste, mehr gelblich-braune Rapakiwi stammt aus der Nähe des Ortes Sund,
etwa in der Mitte der Hauptinsel.
(Nr. 20)

 
Das Gefüge
dieses Rapakiwis ist auffällig inhomogen. Der linke Ausschnitt zeigt
mehrere Ovoide, der rechte dagegen nur rötlich-fleischfarbenen
Alkalifeldspat, grünlichen Plagioklas und graphische Verwachsungen.
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